Pressemitteilung: Doppelt so viele Männer* hätten 2021 Zuflucht vor häuslicher Gewalt finden können
27. Januar 2023
Die erste offizielle Statistik zur Nutzung von Männer*schutzeinrichtungen (MSE) in Deutschland liegt vor. Sie legt auch Missstände in der Hilfelandschaft für von häuslicher Gewalt betroffene Männer* offen.
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Die Statistik ist eine Veröffentlichung der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM). Sie basiert auf einer Befragung der Träger von Schutzwohnungen für betroffene Männer* in Deutschland. Im Jahr 2021 registrierten die bestehenden neun Schutzwohnungen demnach 251 Rat und Hilfe suchende Männer*. Die vorgelegte Statistik geht näher auf die 80 Betroffenen ein, die in Verbindung mit einem Beratungsprozess Zuflucht fanden. Auch auf den Arbeitsbedingungen des Personals in den Schutzwohnungen liegt ein Fokus.
Der Bedarf an Schutzhausplätzen ist groß, die Auslastung der MSE betrug durchschnittlich 70 Prozent. Leider musste mehr als jeder zweite betroffene Mann abgewiesen werden. Der Hauptgrund: Die Schutzwohnungen waren gerade dann voll ausgelastet, wenn sie für die Verhinderung weiterer Gewalt gebraucht wurden. Zudem legt die Trägerbefragung offen, dass mit der derzeit geförderten Stundenzahl von maximal einer vollen Stelle pro MSE ist eine klienten*gerechte Betreuung nur mit ehrenamtlicher Mehrarbeit zu leisten ist.
Eine kurzfristige Verdopplung beim weiteren Ausbau der Plätze in MSE und eine Erhöhung der in den Bundesländern festgelegten Betreuungsschlüssel sind daher mindestens angezeigt. Die BFKM hält bis zu fünf MSE je Bundesland bis 2025 für notwendig, jedoch differenziert nach Einwohnerzahl und Flächenstruktur der einzelnen Länder.
Drei Details aus der Statistik
Gründe für Nichteinzug
Das folgende Diagramm listet alle in Frage kommenden Gründe für Nichteinzüge in Schutzwohnungen nachweislich betroffener Männer* auf. Mehr Schutzhausplätze könnten Abhilfe schaffen.
Abbildung 1: Gründe für den Nichteinzug in eine MSE trotz Betroffenheit von häuslicher Gewalt
Aufenthaltsdauer in den Schutzwohnungen
Für 49 Prozent, also nahezu die Hälfte der Betroffenen war der vorgesehene Regelaufenthalt von drei Monaten nicht ausreichend, um neue Lebensperspektiven zu entwickeln. Mehr Schutzhausplätze könnten auch hier Abhilfe schaffen.
Abbildung 2: Anzahl und Verweildauer in den MSE
Formen der widerfahrenen Gewalt
Bei den Männern, die in die Schutzwohnungen einzogen, war psychische Gewalt die häufigste Form der widerfahrenen Gewalt, wobei diese in der überwiegenden Mehrheit der Fälle im Kontext mit anderen Gewaltformen genannt wurde. Dabei handelt es sich um Beschimpfungen und Herabwürdigungen. Das folgende Diagramm listet auch physische, also körperliche Gewalt auf, ebenso ökonomische Gewalt, also etwa der Entzug von eigenem Geld und Lebensmitteln, sowie soziale Gewalt, die sich in Isolation von Freunden* und Familie äußert. Auch sexualisierte Gewalt kommt vor, wurde aber vergleichsweise wenig thematisiert.
Abbildung 3: Formen und Ausprägung der Gewalt, die betroffenen Männern* in MSE widerfahren sind
Weitere in der Statistik ausgewertete Aspekte betreffen etwa Kinder in Männer*schutzeinrichtungen, Bildungshintergründe und Herkunft der Betroffenen.
Die Statistik steht unter www.maennergewaltschutz.de/statistik-2021 zum Download zur Verfügung.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:
Enrico Damme, Fachreferent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Tel.: 0351-27566887, Funk: 0176-63260831
Mail: enrico.damme@maennergewaltschutz.de
* Wir respektieren geschlechtliche und sexuelle Vielfalt.