Pressemitteilung: Männergewaltschutz auf dem Weg in die Mitte der Gesellschaft
2. September 2022
Seit 2019 kümmert sich eine bundesweit aktive Fachstelle darum, Einrichtungen zum Schutz von Männern vor häuslicher Gewalt aufzubauen. Bisher entstanden zwölf Männerschutzwohnungen – und weitere werden folgen. Im September wird auf einer Fachtagung in Hannover daran gearbeitet.
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„Wenn du jetzt gehst, siehst du die Kinder nie wieder.“ Dieser Spruch einer Frau, der in einer der Gewaltberatungsstellen für Männer wiedergegeben wurde, ist drastisch. Er ist einer von vielen, von denen die Mitarbeitenden der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) in den letzten drei Jahren hören mussten, denn Übergriffigkeiten und Abwertung gehören in gewaltvollen Beziehungen zur Tagesordnung. Diese sogenannte psychische Gewalt sorgt für Spannungen und Frust, die sich später im Werfen von Gegenständen, in Schlägen und Tritten entladen, in körperlicher Gewalt also. Für davon betroffene Männer ist das bundesweite Hilfenetz jedoch löchrig – auch wenn sich gerade einiges tut.
Gewalt in Beziehungen trifft zwar überwiegend Frauen, aber eben nicht nur. Jeder fünfte Betroffene ist laut Polizeilicher Kriminalstatistik ein Mann – Tendenz steigend. Doch das tiefsitzende Tabu des unmöglichen Opferstatus` bedingt, dass es für die meisten Männer nicht selbstverständlich ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine hohe Dunkelziffer wird vermutet – also gewaltbetroffene Männer, die sich nicht zu einer Anzeige entscheiden können. Entsprechend amtlichen Auswertungen von 2020 erstatteten fast 29.000 Männer Anzeige gegen ihre Partner*innen. Das sind gut 7.000 mehr, als in einem durchschnittlich vollen Bundesliga-Fußballstadion Platz finden.
Um die Hilfelandschaft für Männer zu verbessern, fördert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend seit 2019 die Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM). Sieben Mitarbeitende kümmern sich auf drei Ebenen um Hilfemöglichkeiten.
Eine davon ist die Ebene der Praktiker*innen. Potentielle Träger und Vereine für Gewaltberatungen werden gezielt angesprochen und vernetzt. Ziel ist, pro Bundesland bis zu fünf anonyme Schutzwohnungen zu schaffen. Davon ist die Hilfelandschaft derzeit noch weit entfernt: im Laufe der dreijährigen Förderperiode konnte die BFKM zwar mehr als 30 qualifizierte und willige Träger ausmachen. Auf Basis dieses Netzwerkes sind bundesweit immerhin zwölf Männerschutzwohnungen entstanden. Doch es fehlt das Geld, denn die Auslastung der 38 Plätze ist hoch und nach Corona-Wellen entstanden teilweise Wartelisten. Dazu kommt, dass die Beratungsstellen nur kleine Einzugsgebiete abdecken. Für entfernt wohnende Männer sind weite Wege zusätzliche Hemmschwellen.
Der Bedarf ist also da. Die zweite Arbeitsebene der BFKM ist deshalb die Lobbyarbeit in den zuständigen Länderministerien und Verwaltungen vor Ort. Denn die Arbeit der Männerschutzeinrichtungen soll nach qualifizierten sozialpädagogischen Standards erfolgen und das kostet Geld, das der Staat aufbringen muss. Es hat sich gezeigt, dass in manchen Bundesländern Männerschutzprojekte noch nicht gefördert werden. Dort setzt die BFKM aktuell an und versucht, in Gremien und Arbeitskreisen für Männergewaltschutz zu sensibilisieren und Mittel zu mobilisieren. Aktuell stehen mindestens fünf weitere Männerschutzwohnungen an der Schwelle zur Förderung und Inbetriebnahme im nächsten Jahr.
Die dritte Arbeitsebene der BFKM ist die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema. Hier sorgen die Verantwortlichen mit Fachbroschüren, mit Informationen per App und social media, sowie mit Postkarten bundesweit für eine bessere Wahrnehmung der Angebote der Männerschutzeinrichtungen. Neue Beratungsstellen werden mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit unterstützt.
Die BFKM veranstaltet am 8. und 9. September in Hannover ihre Jahresfachtagung „Jenseits der Gewalt – Erweiterte Möglichkeiten des Opferschutzes für Männer“, auf der resümiert und in Workshops weitergebildet wird. Die versammelte bundesweite Fachlandschaft tauscht sich aus und macht konkrete nächste Schritte transparent. Damit kann die Bundesfach- und Koordinierungsstelle weiter daran arbeiten, das grobmaschige Netz von Männerschutzeinrichtungen zu verdichten.
Unter www.maennergewaltschutz.de/hilfe finden Betroffene eine Kontaktlandkarte mit Beratungseinrichtungen bei häuslicher Gewalt gegen Männer.
Für weitere Fragen:
Enrico Damme, Fachreferent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, eMail
Erna-Berger-Str. 17, 01097 Dresden
Tel.: 0351-27566887
Funk: 0176-63260831
*Wir respektieren geschlechtliche und sexuelle Vielfalt.