Senat von Berlin sagt zu, dass sich bei Angeboten für von häuslicher Gewalt betroffene Männer* in der Hauptstadt etwas ändern wird
5. Mai 2023
Der Auftakt
Etwa 70 Menschen aus Berlin und Brandenburg und mit ganz unterschiedlichen beruflichen Hintergründen folgten der Einladung ins Refugio, Berlin Neukölln am 27. April 2023. Torsten Siegemund von der BFKM und Tobias Schiefer vom SKM Bundesverband eröffneten die Fachtagung „Von der Scham zur Hilfe – Männer* als Betroffene häuslicher Gewalt in Berlin“ mit einer kurzen Vorstellung der anwesenden Projekte und Träger.
Die freudige Nachricht
Wir freuten uns sehr, dass der Leiter der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Berliner Senat für Inneres, Digitalisierung und Sport, Herr Klaus Zuch, für ein Grußwort zur Verfügung stand. Noch mehr freuten wir uns über die gewählten Worte. Mit Selbstverständlichkeit sprach er davon, dass es gewaltbetroffene Männer* in Berlin gibt und dass für diese keine passenden Angebote zur Verfügung stehen. Daran müsse sich dringend etwas ändern. Ca. 2.400 Männer* als Betroffene häuslicher Gewalt seien im Jahr 2022 in Berlin registriert worden. Die Polizei sei oft ratlos. „Wir brauchen entsprechende Stellen, wo sich betroffene Männer* hinwenden können!“, so Zuch. Bereits vor fünf Jahren waren sich die Teilnehmenden der damaligen Fachtagung über diese Situation einig, entwarfen eine Resolution und stellten diese dem Senat zur Verfügung. Leider folgte seither nicht viel.
Das zweite Grußwort von Dr. Dag Schölper vom Bundesforum Männer sollte ursprünglich die derzeitig unhaltbare Situation scharf kritisieren. Durch die Worte von Herrn Zuch wurde dem zum Glück der Wind aus den Segeln genommen, und damit hatte kaum jemand gerechnet. Dennoch stellte Dr. Schölper die jahrelang dauernde Situation dar und forderte Maßnahmen für gewaltbetroffene Männer*, die jedoch den Bedarf für den Schutz von Frauen nicht vernachlässigen dürften.
Die Hintergründe
Auch in den folgenden Vorträgen wurde mehr als deutlich, dass die Zahl von gewaltbetroffenen Männern* keineswegs unerheblich ist. Männliche* Gewaltbetroffenheit wird augenscheinlich als normal wahrgenommen, Männer * wachsen mit Gewalt auf, sowohl als Betroffene, als auch als Ausübende. Darüber müssten wir ins Gespräch kommen und Gewalt in jeglicher Form ablehnen, so Rüdiger Jähne vom SKM Bundesverband, der einen inhaltlichen Einstieg ins Thema gab.
Seit Beginn des Männerhilfetelefon, welches dessen Leiter Björn Süfke vorstellte, steigt dort die Zahl der Anfragen. Sie kommen aus dem Hilfesystem, aber zu über 60% vor allem von Betroffenen selbst, die in akuten Notlagen stecken. Sie brauchten teilweise Jahre, so Süfke, um sich zu öffnen und Hilfe zu suchen.
Dr.in Anne-Marie Gallrein der BFKM stellte im dritten Vortrag die Nutzerstatistik der bestehenden Männer*schutzwohnungen 2021 sehr plastisch vor. Aus ihr geht hervor, dass die meisten Männer* aus der gleichen Stadt / dem Landkreis, in dem es eine Schutzwohnung gibt, diese Angebote auch nutzen. Weit entfernte Schutzwohnungen werden dem gegenüber kaum in Anspruch genommen. Denn den Lebensmittelpunkt zu verlassen, ist selten eine Option. Diese Regionalität lässt schlussfolgern, dass es flächendeckend Schutzangebote für Männer* braucht, so eben auch in Berlin.
Die aktuelle Situation in Berlin
Im anschließenden Podiumsgespräch kamen verschiedene Träger und Einrichtungen des Opferschutzes von der Bundesebene, anderen Bundesländern und Berlin zu Wort. Sie stellten die jeweiligen Schwerpunkte und Herausforderungen vor. Dabei wurde deutlich, dass die Situation der Berliner Träger mit dem Thema Gewalt an Männern* nicht mehr tragbar ist. Die Vertreter*innen von Polizei, Opferhilfe, Weißem Ring und Stop Stalking Berlin stellten einvernehmlich fest, dass der Bedarf an Beratung und Schutz für Männer* permanent steigt und dass es in Berlin dringend geschlechtsspezifische Angebote braucht. Dem gegenüber wurden Angebote aus anderen Bundesländern vorgestellt und deren Auslastung sowie die positive Inanspruchnahme betont.
Die Bedarfe
Im abschließenden World-Café konnten sich die Teilenehmer*innen zu drei Themenschwerpunkten austauschen: Bedarfe für Männer*, Bedarfe für das Netzwerk und Angebote für Täter*innen von Gewalt. Auch hier waren sich die Anwesenden einig:
- Es braucht Angebote für betroffene Männer*.
- Es braucht Vernetzung für die Akteur*innen.
- Es braucht Angebote für die Gewaltausübenden, sowohl für Männer* als auch für Frauen*
Eine erste Zusage
Der Generalsekretär des SKM Bundesverbandes, Stephan Buttgereit, betonte, dass der SKM Berlin als Träger zur Verfügung steht, mit der Expertise des SKM-Bundesverbandes und den Erfahrungen beim Aufbau und Betrieb von Schutzwohnungen für Männer* in anderen Bundesländern im Rücken.
Fazit
Wir freuen uns daher, dass das Thema nun auch im Senat auf Zustimmung stößt und fordern dazu auf, endlich die Zuständigkeit für das immer wichtiger werdende Thema zu definieren und dem dringenden Bedarf mit dem Aufbau von entsprechenden Strukturen Rechnung zu tragen.
Die Organisatoren des Fachtages
*Wir respektieren sexuelle und geschlechtliche Vielfalt.